Die Literatur der "Neuen Sachlichkeit"

in der Weimarer Republik

 

 

Robert Musil

Marieluise Fleisser

Ödön von Horváth

In der Politik der Zeit vollzog sich ein Demokratisierungsprozess, der sich auch im kulturellen Leben spiegelte. Die Literatur der "Neuen Sachlichkeit" sollte
- allgemein zugänglich und nicht einer avantgardistischen Elite vorbehalten sein
- mehr Wert auf öffentliche Wirksamkeit als auf ästhetische Autonomie legen
- nüchterne Aufklärung expressiver Prophetie vorziehen

Dramatiker bevorzugten nun oftmals satirische Komödien gegenüber dem hohen Pathos der Tragödie. Vor allem Bertolt Brecht hat mit seinem "Epischen Theater" Theatergeschichte geschrieben. Er versuchte hier den Zuschauer durch Verfremdung zu desillusionieren, und ihn zum Nachdenken über das auf der Bühne gezeigte Geschehen zu bringen.
Erst ab 1926 stellte Brecht sein Werk mit Hilfe des Regisseurs Erwin Piscator in den Dienst eines politischen Veränderungswillens. 1928 avancierte Brechts "Dreigroschenoper" zum herausragenden Massenerfolg.

Die Literatur der Weimarer Republik näherte sich vielfach dem Journalismus an. Stofflich zeigte sich das an der Vorliebe für aktuelle "Tatsachen" und am zunehmenden Interesse der Autoren an den neuen Medien des Films und des Rundfunks. Stilistisch setzt zum Beispiel Alfred Döblin in seinem Roman "Berlin Alexanderplatz" die Mittel der Collage und Montage ein, Piscator arbeitete an einem Konzept des dokumentarischen Theaters und Egon Erwin Kisch verhalf 1924 mit seinem Sammelband "Der rasende Reporter" der Reportage zu literarischer Anerkennung.

Die Revolution und die Zeit unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg beschäftigten die Literatur der Weimarer Republik unaufhörlich. Vitalistische und sozialdarwinistische Apologien des Krieges und des Kampfes (etwa bei Ernst Jünger) stehen hier neben einer kriegkritischen Literatur, wie sie Erich Maria Remarque 1929 in seinem Erfolgsroman "Im Westen nichts Neues" vorlegte.

Die formale Experimentier- und Innovationsfreudigkeit der frühen Moderne fand in der "Neuen Sachlichkeit" an dem Willen zur Popularität ihre Grenzen. Überhaupt war der kunstrevolutionäre Elan, der den literarischen Jugendbewegungen bis hin zum Expressionismus und Dadaismus eigen war, mittlerweile beschränkt: Die literarischen Repräsentanten der Weimarer Republik, als die sich Gerhard Hauptmann, Heinrich und Thomas Mann verstanden, hatten ihre Jugendphase längst hinter sich.
Die bedeutenden Romane der Zeit zeigen sich dennoch den großen Themen, Motiven und formalen Errungenschaften der Moderne verbunden: Thomas Mann sucht in seinem "Zauberberg" nach einer Position, die weder der romantisch-dekadenten Todessehnsucht noch der aufklärerisch-zivilisierten Rationalität eine Herrschaft über das humane Denken einräumt; Alfred Döblins "Berlin Alexanderplatz" gelang es, das naturalistische und expressionistische Interesse an der Großstadt in Form eines Romans zu bringen; und Robert Musil verarbeitet im "Mann ohne Eigenschaften" die krisenhafte Erfahrung der Fragmentierung des Subjekts und der modernen Welt.

Kurt Tucholsky

Arnold Zweig

Hans Fallada

Hermann Hesse

Ludwig Renn

Ernst Jünger

Thomas Mann

Erich Maria Remarque

Bertolt Brecht

Hedwig Courths-Mahler

Egon Erwin Kisch

 


Quelle: Vorlesungsskript WS 2000/2001; Thomas Anz